Mut zum individuellen Weg - Fragen an das Arbeitsamt Nord


Berufsberatung im Arbeitsamt Nord
(zuständig für die Bezirke Pankow, Prenzlauer Berg, Reinickendorf, Tiergarten, Wedding und Weißensee).
Telefon 4603-2163/2167



Johannes Langguth,
stellvertretender Leiter
der Berufsberatung im
Arbeitsamt Nord

Wie ist die Ausbildungssituation in Ihrem Zuständigkeitsbereich?

Im letzten Vermittlungsjahr der Berufsberatung, das von Oktober 1998 bis Ende September 1999 ging, waren uns insgesamt 7865 einen Ausbildungsplatz suchende Jugendliche gemeldet. Dem standen 3919 gemeldete freie Ausbildungsplätze gegenüber – ein enormer Zuwachs gegenüber dem Vorjahr. Allerdings ist dieser Anstieg ganz eindeutig auf das Lehrstellenprogramm des Bundes zurückzuführen. Nur 2220 davon sind nämlich „normale” betriebliche Lehrstellen, beim Rest handelt es sich um zusätzliche, staatlich bezuschusste Ausbildungsplätze. Zum Stichtag 30.September 1999 waren bei uns 390 Jugendliche gemeldet, die für dieses Jahr noch eine Lehrstelle suchen.

Gibt es im URBAN-Gebiet strukturelle Besonderheiten verglichen mit anderen Gebieten Berlins?

Betriebliche Ausbildungsplätze sind in ganz Berlin stagnierend. Allerdings gibt es hier im Gebiet vorwiegend kleine und mittelständische Betriebe, die spezifische Schwierigkeiten haben, Ausbildungsplätze anzubieten. Bei großen Betrieben gibt es einen Trend zur Abwanderung.

Wie bewerten Sie den Regionalen Ausbildungsverbund der Gemeinschaftsinitiative URBAN? Wo findet eine Zusammenarbeit mit dem Arbeitsamt statt?

Wir arbeiten, vor allem in Prenzlauer Berg, eng zusammen. Ich halte den Verbund für einen sehr wichtigen und interessanten Ansatz, weil er zum einen Jugendlichen Chancen eröffnet, eine Ausbildung zu bekommen und zum anderen Betrieben die Möglichkeit bietet, auszubilden, die das sonst nicht könnten.

Wie schätzen Sie die Chancen der Jugendlichen ein, übernommen zu werden? Ist die Verbundausbildung, wie sie URBAN anbietet, eine Ausbildung zweiter Klasse?

Wer eine klassische betriebliche Ausbildung durchläuft, hat im Prinzip die besten Chancen, da diese Lehrstellen dem Markt am nächsten sind. Aber auch die Ausbildung im Verbund bietet viele Vorteile. Die eine oder andere Firma wird sich sicher entschließen, den Jugendlichen, mit dem sie gute Erfahrungen gemacht hat, einzustellen. Wer dagegen eine rein außerbetriebliche Ausbildung durchläuft, hat wegen der fehlenden Praxis schlechtere Karten.

Viele URBAN-Projekte berichten über Motivationsprobleme der Jugendlichen. Woran könnte das liegen?

Das liegt meiner Meinung nach an der speziellen Klientel. Die besten Jugendlichen suchen sich selber Lehrstellen, der Ausbildungsverbund hat es eher mit den Schwächeren zu tun. Ein Problem ist aber auch, daß manche Betriebe sehr hohe Anforderungen stellen nach dem Motto: ‚Wenn ihr mir schon einen Jugendlichen schickt, muß er besonders gut sein.’ Gleichzeitig gelten im Verbund zum Teil niedrigere Vergütungen.

Welche Tipps können Sie Jugendlichen geben, die noch keinen Ausbildungsplatz gefunden haben?

Jeder Jugendliche sollte sich zuallererst überlegen, was er gut kann und was ihm Spaß macht – und da auch langfristig dranbleiben. Er oder sie sollte sich nicht nur am Markt orientieren, sondern Mut zum individuellen Weg zeigen. Wenn junge Leute zu mir in die Beratung kommen und sagen: ‚Ich mach alles, geben Sie mir nur irgendeine Lehrstelle’, ist das von vornherein zum Scheitern verurteilt.